Eine »Lemminge-Vorm-Berg-Situation«, die als solche erkannt wird, lässt einen »Basher-Skill« als angemessene Handlungsoption erscheinen …
… eine »Lemminge-Vor-Der-Schlucht-Situation« dagegen eher den »Builder-Skill«. (In komplexeren Situationen können übrigens auch verschiedene Strategien zum Ziel führen.) Die visuelle Gestaltung von »Lemminge« setzt auf Klarheit und Übersichtlichkeit und versucht eine relativ schnelle Situationsbestimmung als Problembestimmung zu unterstützen – wie das überhaupt viele auf Simulationen beruhende Spiele tun. Dabei werden beispielsweise Berge oder Felsen nicht in erster Linie als ästhetische Objekte gezeigt, sondern als Problemlagen, weshalb Felsen auch durch Säulen gleichwertig ersetzt werden können und damit dem Diktum einer variatio delectat folgen, ohne dass die Situation sich dadurch änderte.
»Lemminge-Vorm-Fels-Situationen« sind schlichtweg äquivalent mit »Lemminge-Vor-Einer-Säule-Situation« und das, obgleich Felsen sich doch tatsächlich in vielerlei Hinsicht von Säulen unterscheiden.
2 Einfühlung in Spielwelten
Wenn Aristoteles sagt, es sei nicht schwer die Athener vor den Athenern zu loben, so hat er vollkommen Recht.[8] Warum ist es nicht schwer? Weil dieser jenen nur etwas sagt, was diese bereits glauben. Ein derartiges Anknüpfen an und Bestätigen der Erwartungshaltungen des Publikums wird innerhalb der Rhetoriktheorie oftmals noch nicht als rhetorische Intervention beschrieben, so stellt dieses Moment für Jacques Dubois[9] die rhetorische Nullstufe dar und Joachim Knape[10] lässt das Rhetorische erst mit der Überwindung von Hindernissen beginnen. Aber wie werden denn Hindernisse rhetorisch überwunden, wenn nicht durch das Anknüpfen an bereits bestehende Meinungen? Der gerade beschriebene Transformationsprozess einer semantischen Identifikation muss durch eine zweite Form der Identifikation getragen werden: der wechselseitigen, pragmatischen Identifikation eines Orators mit seinem Publikum und umgekehrt – eine der zentralen Aufgaben der narratio.
Übertragen auf den Bereich einer visuellen Rhetorik des Gamedesign meint dies: Die Schaffung von visuellen Schlüsseln, um die Einfühlung des Spielers in die Spielwelt als Sinnwelt – und zwar als eine bestimmte Sinnwelt – zu unterstützen. Eine visuelle Rhetorik muss nach den visuellen Gestaltungsstrategien und Topoi fragen, die genutzt werden können, um die angestrebten semantischen Identifikationen wirksam werden zu lassen. Ohne eine ausreichende Basis im Sinne einer pragmatischen Identifikation, gelingt der persuasive Prozess weder in der Rede noch im Spiel.
In dem »Bullfrog«-Spiel »Dungeon Keeper« geht es darum, als dunkler Herrscher Kreaturen für ein finalen Kampf zu versammeln und zu trainieren.