2.5.2 Werberhetorische Konklusion
Wie jede Argumentation in einer Konklusion mündet, so münden auch die rhetorischen Bemühungen im Markenzeichen. Die Exordialfunktionen der Erregung von Aufmerksamkeit und vor allem des Aufbaus von Wohlwollen müssen schließlich mit der Marke in Verbindung gebracht werden. Jede Form der Umgestaltung, der Pervertierung von Sinn, findet ihren Einschlag schließlich in der Übertragung auf die Marke, kurz: der werberhetorischen Konklusion. Das Markenzeichen in seiner Funktion als werberhetorische Konklusion ist die Grundlage für zwei wesentliche Folgerungen:
Da die Werbung zum einen stets eine Stärkung des Ethos zum Ziel hat, das Ethos aber gleichbedeutend mit dem Markenzeichen ist, das sein Stellvertreter im Werbeplakat ist, folgt, dass der Angriff des Adbusters damit stets ein Angriff auf das Ethos und damit auf das Markenzeichen ist.
Zum anderen ist, nicht zuletzt aufgrund seiner typografischen Eigenständigkeit, das Markenzeichen selbst einer vollständigen Argumentation fähig. Man kann die Marke als die kleinstmögliche vollständige Argumentation im Kommunikationsdesign bezeichnen. Allerdings zeigt sich dies zumeist erst in ihrer pervertierten Form, in der Form des Adbusts (vgl. Abb. 4, Abb. 13, Abb. 14).
Abbildung 4
Abbildung 13
Abbildung 14
3. Konklusion
Dieser Essay hat Orte möglicher argumentativer Interventionen klassifiziert und als Topoi des Adbusts ausgewiesen. Ebensolche Fundorte ließen sich auch aus dem Bereich der interpiktorialen Bezüge herstellen, auf die nicht eingegangen werden konnte. Die Liste der Topoi ist demnach nicht auf Vollständigkeit angelegt.
Welcher Wert ist von der Konstruktion struktureller Topoi zu erwarten? Zum einen ließen sie sich weiterdenken zu der Möglichkeit, rhetorisch gelungenere von schlechteren Adbusts zu unterscheiden. Dabei ist unter »rhetorisch gelungen« in direkter Anknüpfung an Aristoteles niemals der tatsächlich eingetretene rhetorische Erfolg zu verstehen. Dieser bleibt im Allgemeinen der Analyse verborgen, und selbst da, wo er sich zeigt, ist er selten auf eine bestimmte Maßnahme zurückzuführen. Wenn Aristoteles[11] die Rhetorik als die Kunst, in allem das möglicherweise Überzeugende zu finden, bestimmt, so wird deutlich, dass die Rhetorik eben keine Rezeptkunst ist. Es geht eben nicht um logische Notwendigkeit, sondern stets um rhetorische Wahrscheinlichkeit, um möglicherweise Überzeugendes, um Glaubwürdigkeit. Von hier aus ließe sich breit dafür argumentieren, dass alle Gestaltungsprozesse im Grunde rhetorischer Natur sind – das allerdings, wäre ein eigenständiges Thema.
Die Topoi strukturieren das weite Feld des Adbusting und liefern somit einen Zugang zu einer rhetorischen Theorie des Adbusts. Ihren funktionalen Wert allerdings hat die erbrachte Strukturierungsleistung nicht nur im Kontext eines etwaigen Handbuchs zur Kommunikationsguerilla, sondern auch in den Bereichen der Kunsterziehung, Rhetoriktheorie und Bildwissenschaft. Adbusts sind – und das macht sie, wenigstens für mich, so spannend – dissimulierende Simulationen von Glaubwürdigkeit.