Um Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­se zu ver­ste­hen, die Arte­fak­te zum The­ma haben, bedarf es daher, wie schon ange­deu­tet wur­de, einer dia­lo­gi­schen Theo­rie der Spra­che, deren ein­zel­ne Ele­men­te Krip­pen­dorff im vier­ten Kapi­tel dezi­diert dar­legt. Wich­ti­ge Schlag­wör­ter sind in die­sem Zusam­men­hang die Begrif­fe Kate­go­ri­sie­rung sowie Cha­rak­te­re. Desi­gner haben dem­nach dar­auf zu ach­ten, wel­che Kate­go­rien Stake­hol­der und ande­re inner­halb der Kom­mu­ni­ka­ti­on über Arte­fak­te anbrin­gen, um Erwar­tun­gen abklop­fen und abglei­chen zu kön­nen. Cha­rak­te­re oder auch Adjek­ti­ve rich­ten sich gezielt auf bestimm­te Qua­li­tä­ten des Arte­fakts, in denen des­sen Bedeu­tung zum Aus­druck kommt, wobei Qua­li­tä­ten gemeint sind, die vor allem sozio­kul­tu­rell abhän­gi­ge, also wech­sel­ba­re Qua­li­täts­zu­schrei­bun­gen mei­nen. Krip­pen­dorffs Theo­rie unter­schei­det ins­ge­samt vier Metho­den zur Ermitt­lung von Cha­rak­ter­zü­gen von Arte­fak­ten (vgl. S. 203f.), die vom seman­ti­schen Dif­fe­ren­zi­al über die inter­view­ar­ti­ge Frei­le­gung von Asso­zia­tio­nen und eine Inhalt­ana­ly­se bis hin zum Ver­gleich füh­ren. Ohne an die­ser Stel­le näher auf die ein­zel­nen Metho­den ein­ge­hen zu kön­nen, möch­te ich doch dar­auf hin­wei­sen, dass Krip­pen­dorff hier – in Rück­sicht­nah­me auf die sprach­li­chen Abhän­gig­kei­ten – eine Metho­den­theo­rie ent­wi­ckelt, deren Stär­ke ein­deu­tig in der tole­ranz­ba­sie­ren­den Unge­zwun­gen­heit ihrer mög­li­chen Umset­zung begrün­det liegt, sie beschreibt einen zwang­lo­sen Weg zur Quan­ti­fi­zie­rung von Arte­fak­ten und somit ein rele­van­tes Instru­ment zur Hin­ter­fra­gung auch bestehen­der Design-Kri­te­ri­en und letzt­lich der qua­li­fi­zier­ten Recht­fer­ti­gung gegen­über Dritten.

 

2.3 Die gene­ti­sche Bedeu­tung von Artefakten

Im fünf­ten Kapi­tel geht es Krip­pen­dorff dar­um, Arte­fak­te inner­halb ihres gesam­ten Lebens­zy­klus zu berück­sich­ti­gen. Sei­ne Aus­gangs­the­se lau­tet dabei, dass Design immer auf den Erfah­run­gen vor­an­ge­gan­ge­ner Vor­schlä­ge und Pro­zes­se auf­baut, sich dem­zu­fol­ge in Trans­for­ma­tio­nen, Über­set­zun­gen, Neu-Arti­ku­la­tio­nen und Dekon­struk­tio­nen mani­fes­tiert. Da dies so ist, fol­gert er wei­ter­hin, dass Design all jene Pro­zes­se, von denen es unwei­ger­lich ein Teil ist, auch unter­su­chen und begrei­fen muss, um sei­ne Pro­zes­se letzt­lich mit zu beein­flus­sen (vgl. S. 226). Der Lebens­zy­klus eines Arte­fakts wird als durch­aus kom­plex und der Mög­lich­keit nach nicht end­lich beschrie­ben, er fängt etwa beim Design­ent­wurf an, schließt die Betei­li­gung von Inge­nieu­ren (Pro­duk­ti­ons­zeich­nung), Her­stel­lern, Markt­for­schern, Betriebs­wirt­schaft­lern, Wer­bern, Ver­käu­fern, Kun­den und vie­len mehr mit ein (vgl. S. 229). Um sei­ne Design-Pro­jek­te zu rea­li­sie­ren ist der Desi­gner also rück­ge­bun­den an gan­ze »Stakeholder«-Netzwerke. Der Netz­werk­be­griff soll hier­bei spe­zi­fisch dar­auf ein­ge­hen, dass sich »Stake­hol­der« oft ver­schie­dent­lich auf Mani­fes­ta­tio­nen eines Arte­fakts in sei­nem Zyklus kapri­zie­ren. Für den Desi­gner liest sich dies wie­der­um als Anfor­de­rung, sich gut hin­sicht­lich der Abhän­gig­kei­ten in »Stakeholder«-Netzwerken zu infor­mie­ren. Krip­pen­dorff führt hier­für eine Ana­ly­se der Merk­ma­le von »Stake­hol­dern« an (vgl. S. 231f.), die es zu berück­sich­ti­gen gilt. Das Ein­bin­den der »Stake­hol­der« in ihrer Unter­schied­lich­keit bedeu­tet das Gewin­nen von Res­sour­cen und dies wie­der­um erfolg­rei­che Design­pro­jek­te. Arte­fak­te sind also nur rea­li­sier­bar, wenn sie für alle bedeu­tungs­voll sind, die sie durch ihre ver­schie­dent­li­chen Mani­fes­ta­tio­nen füh­ren (vgl. S. 237); dies zu gewähr­leis­ten und Bedeu­tun­gen zu ermög­li­chen, ist Auf­ga­be des post­in­dus­tri­el­len Designers.

 

2.4 Die öko­lo­gi­sche Bedeu­tung der tech­no­lo­gi­schen Arte­fak­te einer Kultur

Für den Desi­gner ist es letzt­end­lich auch rele­vant, die öko­lo­gi­schen Zusam­men­hän­ge zu ver­ste­hen, mit denen ein Design kon­fron­tiert wird. Eine Öko­lo­gie der Arte­fak­te besagt dabei, dass Arte­fak­te wie bio­lo­gi­sche Spe­zi­es unter­ein­an­der inter­agie­ren. Aller­dings sind es nicht die Arte­fak­te selbst, son­dern die Men­schen, die ihre Zusam­men­hän­ge bestim­men, und zwar inner­halb der kol­lek­ti­ven Umset­zung einer Viel­zahl von loka­len öko­lo­gi­schen Ver­ständ­nis­sen (vgl. S. 248). Das Kapi­tel han­delt also im Wesent­li­chen davon, dass die­se öko­lo­gi­schen Inter­ak­tio­nen, zumin­dest der Mög­lich­keit nach, durch­schaut wer­den soll­ten, denn jedes gute inno­va­ti­ve Design muss, um in sei­nem zuvor ange­spro­che­nen Lebens­zy­klus nicht zu schei­tern, auch die bestehen­den öko­lo­gi­schen Sta­bi­li­tä­ten her­aus­for­dern und Mög­lich­kei­ten für modi­fi­zier­tes, neu­ar­ti­ges Design bereit­stel­len. Krip­pen­dorff ana­ly­siert hier­für öko­lo­gi­sche Wech­sel­wir­kun­gen, wie Bedeu­tung im öko­lo­gi­schen Kon­text ent­steht im Hin­blick auf vor allem zwei Erklä­rungs­an­sät­ze: einer dia­chro­nen und einer syn­chro­nen Ver­ständ­nis­wei­se, die sich bei­de wei­ter spe­zi­fi­zie­ren und erwei­tern las­sen. Es erscheint dabei evi­dent, dass Desi­gner ler­nen müs­sen, auch die öko­lo­gi­schen Bedeu­tun­gen ihrer Ent­wür­fe abzu­klop­fen, da sie nur so das höhe­re Poten­ti­al gewin­nen kön­nen, ihr Design am Leben zu hal­ten (vgl. S. 255).