Aus den bisherigen, beispielreichen Ausführungen sollte klargeworden sein, dass sich Techniken sehr plausibel als aus Elementen zusammengesetzt auffassen lassen. Der technische Schaffensprozess kann damit auch als eine Art angewandte Kombinatorik beschrieben werden. Entsprechend sind technische Inventionen nie radikal neu, sondern greifen immer auf bereits vorhandene Elemente zurück. Schon Schumpeter formulierte in seiner Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung: »Technisch wie wirtschaftlich betrachtet heißt also Produzieren die in unserm Bereiche vorhandenen Dinge und Kräfte kombinieren. Eine jede Produktionsmethode bedeutet eine bestimmte solche Kombination. Verschiedene Produktionsmethoden können sich nur durch die Art und Weise unterscheiden, wie sie kombinieren, also entweder durch die kombinierten Objekte oder durch das Verhältnis zwischen deren Mengen. Jeder konkrete Produktionsakt verkörpert für uns, ist für uns, eine solche Kombination.«[11] Auch Abbott Payson Usher verwendet eine ähnliche angewandte Kombinatorik als Basis für seine technikhistorischen Arbeiten. Er begreift technischen Wandel als »cumulative synthesis«[12] und analysiert, wie technische Bausteine historisch immer wieder neu zu komplizierteren Techniken zusammengeführt wurden, die ihrerseits nachfolgend als weitere Bausteine zur Verfügung standen. Eine analoge Sichtweise wurde vor einigen Jahren von dem britischen Ökonomen W. Brian Arthur vertreten. Er schreibt: “[…] new elements (technologies) are constructed from ones that already exist, and these offer themselves as possible building-block elements for the construction of still further elements.”[13] An anderer Stelle heißt es: “Strictly speaking, we should say that novel elements are directly made possible by existing ones. But more loosely we can say they arise from a set of existing technologies, from a combination of existing technologies.”[14] Während diese Schilderungen mit dem Grundtenor der vorliegenden Arbeit übereinstimmen, ist Arthurs Analyse in eine dubiose Technikmetaphysik eingebunden – »technology creates itself out of itself«[15] –, die ich für sachlich verfehlt und moralisch falsch halte.[16]
- [11] Schumpeter, Joseph: Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Leipzig 1912. S. 21.
- [12] Usher, a. a. O., S. 72.
- [13] Arthur, W. Brian: The Nature of Technology. New York 2009. S. 167.
- [14] ebd., S. 169.
- [15] ebd., S. 169.
- [16] Die Auffassung, dass Menschen nur passiv von Technik überrannt werden, ist in dieser Allgemeinheit empirisch nicht haltbar; sollten sich entsprechende Tendenzen verstärkt entwickeln, müsste hier gegengesteuert werden.