2.3 Onlinequellen vs. Print vs. »graue Literatur«
Ein häufig diskutierter Aspekt ist die Rolle von Onlinequellen, da diese zuweilen eine geringe Persistenz und eine ungesicherte Autorenexpertise als Gefahr mit sich tragen. Dies führt bis zur Hypothese eines vermeintlich wachsenden Einsatzes von Internetquellen im digitalen Zeitalter (in Richtung der Hypothese Webers 2007 zur »Ergooglung der Welt«). Daher erscheint eine nähere Betrachtung dieser Quellenformatgruppe sinnvoll. Wie in Abbildung 3 zu sehen ist, lässt sich je 10.000 Wörter eine merkliche Abnahme von originären Onlinequellen zwischen den untersuchten studienbegleitenden Schreibanlässen und den Abschlussarbeiten beobachten. Um eine Korrelation von Onlinedarreichung und Verwendung grauer Literatur zu prüfen, wurde die Präferenz von Print und Onlinequellen miteinander verglichen, operationalisiert über Quellen, welche sowohl online als auch offline verfügbar sind (exemplarisch abgebildet über Duden und Bildungsplan). Zudem wurde der zeitgleiche Einsatz von strittigen Onlinequellen betrachtet (operationalisiert über Wikipedia und Vorlesungsskripte). Dabei war festzustellen, dass in den untersuchten studentischen Hausarbeiten bei gleichzeitiger Verfügbarkeit eher eine Printform bevorzugt wurde. Erst in Abschlussarbeiten relativiert sich dieses Verhältnis. Zeitgleich sinkt aber der Anteil der betrachteten strittigen Quellenformate. So konnte etwa in keiner der untersuchten Abschlussarbeiten ein im Quellenverzeichnis aufgeführter Einsatz von Wikipedia gezeigt werden, während auch der Anteil von Vorlesungsskripten gemessen an den Gesamtquellen von 3,2 auf 1,4 Prozent sinkt.
Abbildung 6: Verhältnis online/offline
Bezugnahmen auf den Duden
Abbildung 7: Verhältnis online/offline
Bezugnahmen auf den Bildungsplan
Abbildung 8: Anteil Vorlesungsskripte gemessen an
Gesamtquellen
3 Schluss
Zur Endphase des Studiums bzw. in den Abschlussarbeiten zeigt sich, dass sich, gemessen je 10.000 Wörter, die Texte des untersuchten Korpus aus tendenziell weniger Quellenverzeichnisangaben speisen. Die Zahl der intertextuellen Bezüge innerhalb dieses Rahmens nimmt dabei aber gleichzeitig zu, es kann also eine intensivere Einbettung und ggf. Auseinandersetzung mit den verwendeten Quellen vermutet werden. Am stärksten wächst jedoch der Einsatz indirekter intertextueller Bezüge im Vergleich zum direkten Zitat in der diachronen Perspektive. Der Einsatz modifizierender Einbettungsstrategien bei direkten Bezügen steigt ebenfalls an, was als Hinweisgeber für eine Schreibentwicklung im Umgang mit intertextuellem Material interpretiert werden kann. Zudem ist im Korpus über den Studienverlauf hinweg eine Ausdifferenzierung von Quellen und Quellenverzeichnissen zu beobachten. Exemplarisch konnte außerdem gezeigt werden, dass bei gleicher Verfügbarkeit von Quellen (anhand Bildungsplan und Duden) Onlinequellen leicht präferiert wurden. Beispielhaft überprüfte graue/diskussionswürdige Literatur wie Wikipedia und Vorlesungsskripte spielten dabei in Abschlussarbeiten nahezu keine Rolle mehr.
4 Literaturverzeichnis
Kuckartz, Udo (2010): »Typenbildung«. In: Günter Mey und Katja Mruck (Hg.): Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden (SpringerLink : Bücher), S. 553–568.
Mayring, Philipp: Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. 5., neu ausgestattete Auflage. Weinheim 2002.
OECD - Organisation for Economic Co-operation and Development: Revised field of science and technology (FOS) classification in the frascati manual. 2007.
Steinhoff, Torsten: Wissenschaftliche Textkompetenz. Sprachgebrauch und Schreibentwicklung in wissenschaftlichen Texten von Studenten und Experten. Niemeyer (Reihe Germanistische Linguistik, 280). Tübingen 2007.
Weber, Stefan: Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden. Hannover 2007.