Buchbesprechung
»Je mehr Sie zuhören, um so klüger erscheinen Sie«
David Ogilvy über die Grundsätze der Werbebranche
Jeder Werber will nur eines: Aufmerksamkeit. Aber nicht irgendwie. Wie man durch gute Methoden gute Werbung macht, will David Ogilvy in seinem Buch »Geständnisse eines Werbemannes« beschreiben. Das Buch, dass vor 30 Jahren erstmals veröffentlicht und zum Verkaufsschlager wurde, beinhaltet einfache, aber schlagkräftige Grundsätze, die einer der wichtigsten Werber des 20. Jahrhunderts informativ und humorvoll formuliert. Auch heute noch, kann der Leser viel Wahrheit und Weisheit in diesem Buch finden, dass mit der Zeit zur »Bibel der Werber« wurde. Würden doch nur mehr Auftraggeber seine 15 Grundsätze »Wie benimmt sich ein guter Kunde?« lesen …
David Ogilvy gilt als der »Grand Old Man« der Werbung. Der in England geborene Schotte arbeitete nach seinem Studium in der Küche des »Hotel Majestic« in Paris. Die Strenge seines Küchenchefs inspirierte ihn: »Ich lobe heute meine Mitarbeiter genauso selten wie Pitard seine Köche und hoffe, dass auch sie das mehr schätzen als dauernde Lobpreisungen.« (S. 15) Erst im Alter von 37 Jahren fand Ogilvy seinen Weg in die Werbung und gründete 1984 mit geringem Startkapital seine kleine Agentur in New York. Unter dem Namen Ogilvy & Mather etablierte sie sich innerhalb kürzester Zeit als eine der größten Werbeagenturen weltweit. Ogilvy hob sich mit seinem britischem Akzent und Auftreten als Gentlemen deutlich von der Konkurrenz ab und ergatterte Etats aller wichtigen Großunternehmen der USA.
Seine Publikation »Geständnisse eines Werbemannes« wurde 1991 in Deutschland von Econ publiziert, und der Einband verrät, dass das Buch nicht mehr das jüngste ist. Der dunkelrote Lackeinband mit weiß und türkisfarbener Titelschrift erscheint ein wenig altbacken. Armin Fehle hat die amerikanische Originalausgabe ins Deutsche übersetzt. Auf 228 Seiten verrät der Autor seine Antworten auf 11 zentrale Fragen der Werbewelt wie: »Wie leitet man eine Werbeagentur?«, »Wie schreibt man wirkungsvolle Texte?« oder »Wie gewinnt man Kunden?«. In den einzelnen Kapiteln gewährt Ogilvy einen tiefen Einblick in seine Erfahrungen als Werber, die er auf spannende und teils witzige Art und Weise erzählt. Dabei nennt er Namen seiner Kunden und beschreibt seine erfolgreichen, aber auch gescheiterten Arbeitsverhältnisse.
Seine wegweisenden Ideen für eine gute Arbeitsweise unterstützt er mit Regeln, die er für die einzelnen Kapitel aufstellt. »Was sie sagen, ist viel wichtiger, als wie Sie es sagen.« (S. 125) Schnell wird klar, dass Ogilvy weniger von profitversprechenden Anleitungen spricht, sondern von einer Haltung, die er dem Leser beibringen möchte. Produktqualität, Vertrauen und Beziehungen stehen im Vordergrund, und entgegengesetzt mancher heutigen Glaubenssätze setzt er auf lange Anzeigentexte. »Je mehr Sie sagen, um so mehr werden Sie verkaufen (the more you tell, the more you sell!).« (S. 150). Im vorletzten Kapitel »Wie klettert man die Leiter des Erfolges hinauf?« räumt er mögliche Vorurteile ein und beschreibt unverblümt Szenarien des (Über-)Leben in der Werbebranche. »Das Hobby, das ich Ihnen empfehle, ist die Werbung.«
An vier Stellen im Buch, findet man Bilder der Anzeigen, die Ogilvy in seiner Zeit als Werber entworfen hat. Darunter sind einige seiner besten, z. B. die Rolls-Royce-Anzeige, für die er den legendären Reklameslogan schrieb: »Bei 100 km/h ist das lauteste Geräusch im neuen Rolls-Royce die elektrische Uhr.« An den Anzeigen und ihrer Gestaltung kann man klar und deutlich merken, dass die Zeit, in der David Ogilvy an der Spitze arbeitete, eine ganz andere war als die heutige. Das wichtigste Erkennungsmerkmal ist jedoch die Ehrlichkeit, die man in allen Anzeigen und Gedanken im Buch erkennen kann. Man kommt nicht darum herum, die Aussagen in Relation mit der heutigen Werbung zu setzen, und bemerkt schnell, dass sich die Ansprüche der Branche stark verändert haben.
David Ogilvys Idee von guter Werbung ist ehrenhaft und aufrichtig. Ogilvy setzte sich kompromisslos für seine Kunden und deren Produkte ein und war schon damals der Meinung, dass Werbung nicht abgeschafft, sondern reformiert werden muss. »Geständnisse eines Werbemannes« ist jedoch ein Buch, das einer anderen Zeit entspringt, und ob Ogilvys faszinierende Erfolgsgeschichte wiederholt werden kann, ist stark anzuzweifeln. Über einige Aussagen kann man schmunzeln, sie stimmen mit der heutigen Werbung einfach nicht mehr überein. Eine energisch verneinte Frage im Buch – »Kaufen Menschen wegen der Werbung Dinge, die sie nicht brauchen?« – würde man heute natürlich mit einem lauten »Ja!« beantworten. Trotzdem zeigt die Werbung der sechziger Jahre, worauf es vielleicht heute noch ankommen sollte, und Ogilvys Forderungen an die Arbeitsbedingungen sind zeitlose Leitsätze, die gelesen werden sollten.