3 Funktionalismus und Autonomie als Klischee
Die Realisierung eines Designartefakts findet im Regelfall im Rahmen einer Fortsetzung der historischen Designkultur statt. Sie kann aber auch als Auseinandersetzung des Designers mit speziellen künstlerischen Strömungen auftreten[5]. Ein Beispiel hierfür wären die Mondrian-Kleider Yves Saint Laurents oder heute etwa die »BMW Art Cars«. Im Normalfall erscheint es uns umso einfacher ein Designobjekt als Design auszumachen, je deutlicher es im Rekurs auf gegebene Zeichensysteme als fortführender Teil der Designkultur verstanden werden kann. Design, aufgefasst als Inkorporation von Kunst, drückt darüber hinaus das Bestreben von Designern aus, das Design, wahrscheinlich zu marktstrategischen Zwecken, mit mehr künstlerischem Ausdruck zu versehen. Dieses Phänomen einer Annäherung von Design an Kunst hat in unserer Gesellschaft mindestens genauso zugenommen wie auf der anderen Seite eine Annäherung der Kunst an das Design stattfindet. Cross-disziplinäre Praktiken kennt man aus dem Lager der Kunst ja schon seit Längerem. So lassen sich die erwähnte Arbeit »Fountain« von Marcel Duchamps, aber auch Werke von Meret Oppenheim, Claes Oldenburg, Dali, Andy Warhol und viele mehr nicht nur als Fortschreibung ihrer eigenen Kunsthistorie verstehen, sondern zumindest auch als eine Inkorporation von Designkultur. Heutzutage findet man solche fast schon gängigen Praktiken beispielsweise in den Arbeiten von John Baldessari mit seinen »Giacometti Variations« oder auch in denen des Installationskünstlers Tomás Saraceno mit seiner raumgreifenden Installation »Cloud City« repräsentiert. Streng genommen darf die oftmals tatsächlich noch von Theoretikern argwöhnisch beäugte oder aber gerade unter Journalisten als innovativ gehandelte Annäherung von Design an Kunst und Kunst an Design in unserer Gesellschaft eigentlich schon als institutionalisiert betrachtet werden, wenn man sich nämlich die steigende Zahl interdisziplinärer, gestalterischer Studiengänge ansieht, wie zum Beispiel den Studiengang »Kunst und Architektur« an der Staatlichen Hochschule für Künste in Frankfurt am Main.
Während nun Journalisten häufig dazu neigen, interdisziplinäre Arbeiten der genannten Art deskriptiv zu beschönigen und die in ihnen manifestierte Verflüssigung vermeintlich bewehrter Kategorien als besondere Kreativeigenschaft zu beschreiben, beschäftigen sich Theoretiker in Wissenschaft und Forschung gerne mit der fundamentalen Frage, was es mit dem Aufbrechen von Kategorien überhaupt auf sich hat und welche gesellschaftlichen und kulturellen Konsequenzen dieses Aufbrechen haben kann. Was dabei oftmals unreflektiert bleibt, ist jedoch die Tatsache, dass beide in ihrer Berufung auf in Frage stehende Kategorien diese förmlich klischeehaft manifestieren, dies gilt besonders für den Ansatz des Funktionalismus im Design und damit, wie die vorigen Ausführungen deutlich gemacht haben, zumindest implizit aber auch für den der funktionsfreien Kunst.