Wörterbuch
Begriffe für die Form und für die Gestalter
Rhetorik zum Einsteigen: Von »Anapher« bis »Zeugma«
Haben Sie als Designer schon einmal mit einer Anapher gearbeitet? Oder die Identität eines Unternehmens als Allegorie angelegt? Mit unserem kleinen Wörterbuch können Sie sich mit wichtigen Begriffen der Rhetorik vertraut machen und sich inspirieren lassen. Dieses Wörterbuch kratzt meist nur an der Oberfläche der häufig sehr komplexen Begriffe. Die Absicht dahinter ist, Designern einen Einstieg in die Begriffswelt der Rhetorik zu erlauben, verbunden mit ersten Hinweisen, welche Brücken sich zwischen diesen rhetorischen Begriffen und der gestalterischen Arbeit schlagen lassen.
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lat. actio, pronuntiatio; griech. hypocrisis; dt. Rede (halten), Vortrag | | In der klassischen Rhetoriklehre wird der rhetorische Prozess – also das Entstehen einer Rede von den ersten Überlegungen bis hin zum Vortrag – gemeinhin in die fünf Schritte inventio, dispositio, elocutio, memoria und actio eingeteilt. Die Actio dient als fünfter Schritt im rhetorischen Prozess dem wirkungsvollen Halten einer Rede. | | Der Designprozess als Entwurfs- und Gestaltungsprozess lässt sich parallel zum rhetorischen Prozess beschreiben. Der Actio entspricht im Designprozess die wirkungsvolle Präsentation eines Entwurfs und seiner Konzeption.
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lat. accentus; griech. prosodia; dt. Betonung | | Ein Akzent bewirkt eine Hervorhebung. So kann in der gesprochenen Sprache akzentuiert, also durch eine Betonung ein Wort oder ein Wortteil hervorgehoben werden. Damit kann z. B. Aufmerksamkeit geweckt werden. | | Der Akzent ist ein gebräuchliches Mittel in der Gestaltung, das auf vielen Ebenen eingesetzt werden kann. In der Typografie werden beispielsweise Akzente durch Wechsel des Schriftschnittes oder des Schriftgrades gesetzt.
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lat. permutatio; griech. allegoria; dt. Sinnbild, Gleichnis, »Anderssagen« | | Eine Allegorie ist eine Ansammlung von Metaphern, die aus einer Bildwelt zusammengefügt werden. So entsteht ein sinnbildlicher Zusammenhang, ein Gleichnis. (»Ihre Liebe war wie ein Schiff ohne Kapitän, ziellos schwamm es über ein Meer von Lügen, die Takelage von zu vielen Stürmen der Eifersucht zerrissen, der Anker war eingerostet, und am Ende kenterte das Schiff im Hafen der Ehe.«) Allegorien veranschaulichen komplexe Sachverhalte. | | Allegorien spielen in der Gestaltung eine bedeutende Rolle. So werden im Corporate Design durch den Einsatz mehrerer Metaphern aus einem Metaphernfeld Allegorien gebildet, um ein Unternehmen oder eine Institution in ihrer Gesamtheit und Vielfältigkeit zu versinnbildlichen.
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lat. annominatio; dt. Anlaut- oder Stabreim, Gleichklang im Anklang | | »Alliteration« wird genannt, wenn eine Wortfolge den Anklang wiederholt (»Wie wahr, wie wahr, wunderbar war’s wieder«). Klangwiederholungen rhythmisieren, akzentuieren und geben der Sprache oft einen spielerisch-ironischen Ton. | | In der Werbesprache wird oft mit Alliterationen gearbeitet. Eine gestalterische Entsprechung könnte im wiederholten Einsatz eines Farbakzentes, beispielsweise zur Auszeichnung von einer Informationsebene in einem Layout, gesehen werden.
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lat. ambiguitas; griech. amphibolia; dt. Doppel-, Zwei-, Mehr-, Vieldeutigkeit | | Mit »Ambiguität« oder »Amphibolie« werden doppel- oder mehrdeutige Äußerungen bezeichnet, die verschieden interpretiert werden können (»Mit einem Schloss ist man auf der sicheren Seite«). So wird mit verschiedenen Bedeutungsebenen gespielt und gekonnt mit einem Missverständnis jongliert, was für Überraschung und Aha-Effekte sorgen und auch Amüsement auslösen kann. | | Durch den Einsatz von Ambiguität verweist die Gestaltung auf einen tieferen Sinn unter ihrer Oberfläche.
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lat. ambiguitas; griech. amphibolia; dt. Doppel-, Zwei-, Mehr-, Vieldeutigkeit | | Mit »Ambiguität« oder »Amphibolie« werden doppel- oder mehrdeutige Äußerungen bezeichnet, die verschieden interpretiert werden können (»Mit einem Schloss ist man auf der sicheren Seite«). So wird mit verschiedenen Bedeutungsebenen gespielt und gekonnt mit einem Missverständnis jongliert, was für Überraschung und Aha-Effekte sorgen und auch Amüsement auslösen kann. | | Durch den Einsatz von Amphibolie verweist die Gestaltung auf einen tieferen Sinn unter ihrer Oberfläche.
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lat. conduplicatio; griech. anaphora; dt. Wiederholung, -aufnahme (am Anfang) | | Wenn einzelne Wörter oder Wortgruppen identisch oder in leichter Abwandlung über mehrere Sätze, Zeilen, Absätze oder Strophen hinweg an deren Anfängen wiederholt werden, wird das »Anapher« genannt (»Das Meer ist bewegt, das Meer ist weit«). Das Gegenstück dazu nennt man »Epipher« (»Bewegt ist das Meer, weit ist das Meer«). Die Verbindung von Anapher und Epipher nennt man »Symploke« (»Das Meer ist bewegt, weit ist das Meer« oder »Bewegt ist das Meer, das Meer ist weit«). Wiederholungsfiguren können Nachdruck verleihen, überraschen oder Struktur geben. | | In der typografischen Gestaltung könnte eine Anapher zum Beispiel in Initialen zu Beginn von Absätzen gesehen werden.
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lat. articulus; griech. asyndeton; dt. unverbundene Reihung | | Ein Asyndeton ist eine Aufzählung, deren Teile nicht durch Konjunktionen (wie »und« oder »oder«) verbunden werden: »Messer, Schere, Gabel, Licht« (und nicht: »Messer und Schere und Gabel und Licht«). In einem Satz kann mittels des Asyndeton Tempo gemacht werden. | | Gestalterisch kann durch die direkte Aneinanderreihung von Elementen der Eindruck von Dichte entstehen.
Möchten Sie über die Begriffe der Rhetorik mehr erfahren? Folgende Titel seien Ihnen für die heimische Bibliothek empfohlen:
- Sanders, Willy: Das neue Stilwörterbuch. Stilistische Grundbegriffe für die Praxis. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, 2007.
- Harjung, J. Dominik: Lexikon der Sprachkunst. Die rhetorischen Stilformen. Mit über 1000 Beispielen. München: C. H. Beck, 2000.
- Baumgarten, Hans: Compendium Rhetoricum. Die wichtigsten Stilmittel. Eine Auswahl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2005(2).
Vertiefung dazu bietet:
- Lausberg, Heinrich: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. Stuttgart: Franz Steiner, 2008(4).
Das umfassendste Wörterbuch und Standardwerk zur Rhetorik:
- Ueding, Gert (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bislang 10 von 11 Bänden. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1992–2011.
Die genannten Werke dienen als Quellen für den Aufbau des kleinen Wörterbuches auf dem Forum »Sprache für die Form«.