Fakt oder Fiktion: Die Glaubwürdigkeit der Marke als Erzählinstanz
Markenstorys geben Unternehmen die Möglichkeit, sich wirkungsvoll und gezielt zu inszenieren. Aber wie steht es um die Glaubwürdigkeit derartiger werbestrategischer Geschichten? Laut McKee birgt Storytelling die Gefahr der Verherrlichung, um so ein positiveres Bild der Marke zu zeichnen. Das sei eine der Erfahrungen, die er in der Zusammenarbeit mit Unternehmen gesammelt habe. Die Verantwortlichen kehrten Probleme in Zusammenhang mit dem Unternehmen lieber unter den Teppich anstatt sie offen anzusprechen. “They prefer to present a rosy – and boring – picture to the world.”[33] Eben diese Haltung ist wohl der Grund dafür, dass Storytelling oft den herben Beigeschmack der Manipulation trägt. Dabei bewirke diese rosige Darstellung, laut McKee, exakt das Gegenteil von dem, was man beabsichtige. Sie lasse Unternehmen unglaubwürdig erscheinen und das Publikum misstrauisch werden: “They [the consumers] know you’ve slanted your statement to make your company look good.”[34]
Leidet die Glaubwürdigkeit des Redners, leidet auch das Vertrauen des Publikums – schlimmstenfalls deren Vertrauen in die Marke. Geschichten als strategische Kommunikationsmittel, die nur dazu dienen, einen schönen Schein zu wahren, bergen demnach immer auch ein Risiko. Nach Ansicht des Werbetexters Armin Reins sei der moderne Konsument in Zeiten der digitalen Medien immer mehr im Stande, ein Zerrbild als ein solches zu entlarven und tue dies auch.[35] »Die Zeiten, in denen Marken einfach etwas behaupten konnten, sind eindeutig vorbei. Die Menschen sind mündiger geworden und hinterfragen immer mehr die Botschaften.«[36] Und die kritische Reflexion von Seiten der Adressaten ist etwas durch und durch Wünschenswertes. Aber gerade im Kontext des Storytelling ist fraglich, ob diese tatsächlich stattfindet.
Hand aufs Herz: Wie viele von uns stören sich tatsächlich an weichgespülten Markenstories? Ist es nicht vielmehr so, dass wir – von unseren Emotionen geblendet – bereitwillig über jedwede inhaltliche Kosmetik hinwegsehen? Fragt überhaupt jemand nach der Glaubwürdigkeit, solange der Unterhaltungswert stimmt? Das bleibt nur zu hoffen.
- [33] Fryer, Browyn: Storytelling That Moves People. In: Harvard Business Review. 2003 URL: https://hbr.org/2003/06/storytelling-that-moves-people (13.3.2017)
- [34] ebd.
- [35] vgl. Reins, Armin: Video killed the radiostar. Internet killed the copystar? In: Reins, Armin; Classen, Veronika (Hg.): Die Sahneschnitte. Wie die besten Texter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz das Mittelmaß in der Werbung bekämpfen. Mainz 2010. S. 188.
- [36] ebd.