Selbst ein Induktionsherd hat heutzutage so etwas wie eine Benutzeroberfläche, die zum interaktiven Handeln einladen soll und zwar auf eine Weise, die den Nutzer vermittelt, Ziele frei und sicher erreichen zu können, weil das schon vorhandene Wissen hier vollkommen ausreiche. Gesprochen wird von der Dialogstruktur, die gewissen Standards genügen muss wie etwa:
• Aufgabenangemessenheit
• Selbstbeschreibungsfähigkeit
• Steuerbarkeit
• Erwartungskonformität
• Fehlertoleranz
• Individualisierbarkeit
• Lernförderlichkeit
Außerdem haben Untersuchungen ergeben, dass gerade weibliche Nutzer technischer Geräte ein schnelles und problemloses Funktionieren erwarten und der Aufgabe, durch eine Anleitung die Bedienung erst lernen zu sollen, eher ungeduldig gegenüberstehen.
Und wirklich kann ich den Herd nutzen, die Speisen zubereiten, ohne auf die Hinweise zu schauen. Er entspricht ja genau diesem Anspruch, weil ich nur leicht deutbare Symbole berühren muss, um Funktionen auszulösen.
Warum dann die Bedienungsanleitung? Nur um den Gesetzen zu entsprechen und damit dem Hersteller im Falle einer Klage wegen eventueller Fehlfunktionen absichern zu können? Dann würde doch tatsächlich ein Kurs für den Techniker in Bezug auf das Schreiben von Anleitungen reichen, auch wenn er selbstverständlich schon bei der Gestaltung solcher Benutzungsfreundlichkeit, neudeutsch: »Usability«, involviert sein sollte.
Es muss also um mehr gehen. So stellt sich aus der Sicht der Verbraucher die Frage, ob sie allein durch einen intuitiven Umgang die Finessen erkennen, also gerade die Besonderheiten, weswegen ja im Grunde ein im Vergleich mit anderen Herden teures Gerät gekauft wurde. Auch bleibt trotz allem intuitiven Verstehen das Unbehagen, den Zugang zum System »Induktionsherd« nur unzureichend zu erahnen. Der Verbraucher nutzt den Herd, weiß aber im Grunde recht wenig über seine Funktionen. Das entspricht der Tatsache, dass es zu den größten Problemen unserer heutigen Wissensgesellschaft gehört, dass die darin Handelnden oft nur meinen, auf der Basis von Wissen zu handeln. Die Entwicklungspsychologen Leonid Rozenblit und Frank Keil von der University of Yale haben in einer Reihe von Studien nachgefragt, wie realistisch das vermeintlich eigene Wissen von heutigen Probanden eingeschätzt wird. Ihnen zufolge haben die Risiken, dass Verantwortliche in allen gesellschaftlichen Bereichen falsche Entscheidungen treffen, ihre Ursache nicht im Nicht-Wissen der Entscheidungsträger, sondern in der unrealistischen Überzeugung, auf Grund von Wissen zu handeln. Keil spricht von der »Illusion der Erklärtiefe« (Illusion of Explanatory Depth), der alle Testpersonen erlagen.[3] Auch wenn dies in Bezug auf einen Induktionsherd keine für die Gesellschaft entscheidenden Folgen hat, für die technischen Redakteur ist es ein entscheidender Faktor bei der Einschätzung der Zielgruppe.
Greifen Verbraucher nun zur Bedienungsanleitung, steht dort nicht, wie sich Funktionen auslösen lassen, sondern wie der Herd zu programmieren sei, was ja die Assoziation wecken soll, dass der Induktionsherd zur digitalen Technik gehört. Damit wird indirekt gesagt, dass sich auch hier das Arbeitshandeln durch die Schnittstellen zwischen Mensch und Technik verändert hat. Die Verbraucher ahnen also, dass ein Induktionsherd anders zu bedienen ist als andere Herde, meinen aber trotzdem aufgrund ihrer Erfahrungen mit digitaler Technik dies erst einmal mittels intuitiver Handhabung begreifen können zu müssen. Gelingt dies nicht, wird dies nicht automatisch darauf zurückgeführt, dass die den Herd Nutzenden sich nicht genügend informiert haben, sondern er führt zu einem Anzweifeln der Qualität des Produktes einschließlich der Anleitung. Wir alle kennen die Reaktion, technische Gegenstände zu beschimpfen. Aus Untersuchungen zur Akzeptanz digitaler Technik in Unternehmen, können wir ableiten, dass das Vertrauen in die Funktion der Technik in Zusammenhang steht mit einer die Nutzung begleitenden sozialen Kommunikation.