Das ständige Interesse der Kommunikationsdesigner für die Strukturen der klassischen Rhetorik ist der Vision von einer sinnvollen und nachhaltigen Verknüpfung von Theorie und Praxis geschuldet. Rhetorik als Wissenschaft und Überzeugungskunst blickt auf eine Tradition von ca. 2500 Jahren zurück. Seit ihren Anfängen verstand sie sich als eine Methodik, die praktische Anleitungen, nicht ausschließlich für die Konzeption von Diskursen bereitstellt, sondern auch medienübergreifend auf Bereiche wie Architektur, bildende Kunst, Musik und Theater angewendet werden konnte.[1]
Die Untersuchungen der theoretischen Systematik des Bildes als Mittel der Kommunikation hat eine unumgängliche Auseinandersetzung mit dem Vorbild der sprachlichen Phänomene, speziell der Disziplin »Rhetorik«, zu Tage gebracht. Aus Forschung zur Bildrhetorik geht klar hervor: »Wer nicht an den sprachbezogenen Disziplinen lernt, wird die Bildtheorie nicht voranbringen.«[2]
Designtheoretisch ist der hohe Stellenwert der Rhetorik längst erkannt worden[3] und, durch Untersuchungen zu spezifischen Phänomenen, wie beispielsweise rhetorische Figuren in Bild-Text-Kombinationen, wurden Analogien eindeutig nachgewiesen. Viele dieser Arbeiten, die das Thema der visuellen Rhetorik abhandeln, erfassen Bruchstücke, ohne sie hinreichend in den Bezug zum großen Zusammenhang zu setzen. Die eigentliche Systematik der Anwendung von Rhetorik während des Gestaltungsprozesses wird jedoch – wenn überhaupt – sehr vage widergegeben.[4]
Die Theorie soll das Designprodukt nicht nur beschreibbar machen, sondern auch den Entstehungsprozess unterstützen und dadurch bereichern. Die Rhetorik kann erst im vollen Umfang zur Disziplin der visuellen Kommunikation beitragen, wenn sie über den deskriptiven Charakter hinaus, eine in die Praxis hineinragende Funktion einnimmt. Doch in der Realität stoßen Ansätze, die in eine solche Richtung führen, oft auf Gegenwind aus den Reihen der erfahrener Praktiker, die hinter den rhetorischen Anweisungen, zu eng gesteckte, die Kreativität einschränkenden, Richtlinien vermuten. Wie kann es dann dennoch sein, dass Gestalter, ohne sich an explizite rhetorische Herstellungsregeln zu halten, zu Lösungen kommen, die alle notwendigen rhetorischen Kriterien erfüllen?
- [1] vgl. Mühlmann, Heiner: Ästhetische Theorie der Renaissance. Leon Battista Alberti. Bochum 2005.
- [2] Knape, Joachim (Hg.): Bildrhetorik. Baden-Baden 2007.
- [3] vgl. Joost, Gesche; Scheuermann, Arne (Hg.): Design als Rhetorik: Grundlagen, Positionen, Fallstudien. Basel 2008.
- [4] vgl. Krauspe, Henning: Designrhetorik – Vermittlung von Konzeptions- und Entwurfsstrategien am Beispiel der Bildrhetorik. In: Knutzen, Sönke; Heinen, Ulrich; Eder, Alexandra (Hg.): Berufs- und Wirtschaftspädagogik online (bwp@), Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Fachtagung 13, S. 1—15. http://www.bwpat.de/ht2011/ft13/krauspe_ft13-ht2011.pdf (26−09−2011).