Buchbesprechung
»Schrift hat eine Stimme«
Sabrina Öttl über das Handwerk der Typografie
»Wir lesen und sehen Schrift zugleich. (…) Jede Schrift hat eine Stimme, jede Gestaltung einen Tonfall und damit eine Absicht.« (S. 25) Dieses Zitat beschreibt die Relevanz von guter Typografie und warum es unausweichlich ist, sich als Kommunikationsdesigner mit dieser Thematik zu beschäftigen. Einen guten Grundstein dafür legt das Buch aus dem dieses Zitat stammt: »Der erste Eindruck zählt! Das Handwerk der Typografie verstehen und anwenden« von Sabrina Öttl. Sie möchte darin »einen fundierten wie allgemeinverständlichen Praxisworkshop Typografie für werdende Profis« (S. 6).
Das Buch enthält sechs Kapitel zu Themen und Fragen rund um Typografie, Lesen und Lesbarkeit sowie und einen umfangreichen Anhang. Im Vorwort beschreibt der Verleger Bertram Schmidt-Friderichs, wie dieses Buch entstanden ist: Nachdem die 1992 geborene Gestalterin Sabrina Öttl ihm ihre Bachelorarbeit gezeigt hatte, stellten beide die gemeinsame Liebe zur Typografie fest. Daraufhin habe er sie gefragt, ob sie nicht dieses Buch schreiben könne, das dann in einer dreijährigen Kooperation zwischen dem Verleger und der Gestalterin entstanden ist.
Nach einer Einleitung durch die Autorin folgt eine Beispielseite, die verdeutlicht, wie die einzelnen Seiten des Buches strukturiert sind – an welcher Position welche Informationen zu finden und wie sie gestaltet sind. Zu Beginn wird unter dem Titel »Definition« erklärt, wie Schrift unseren Alltag begleitet, was Typografie eigentlich ist, welche Aufgaben Schrift hat und wie sie entstanden ist. »Wie Schrift unterschiedlich wirken kann« – wie sie eine Differenzierung schafft, aus welchen Bestandteilen die einzelnen Buchstaben bestehen und wie Schrift an sich bereits kommuniziert – wird im zweiten Kapitel »Charakter« beschrieben.
Daran anschließend spielt in »Lesen« eben dieser Vorgang eine Rolle: »Wie Schrift verarbeitet und gelesen wird.« Es wird darüber informiert, wie das menschliche Auge Schrift wahrnimmt und verarbeitet, was zur Leserlichkeit und Lesbarkeit beiträgt und welche Auswirkungen das alles auf die Gestaltung hat. »Typografie ist das Fenster zum Dahinterliegenden. Sie macht dem Inhalt eines Textes Platz. Damit das Dahinterliegende möglichst gut ersichtlich ist, sollte die Typografie genauso unauffällig und sauber wie ein Fenster mit Panoramablick sein. Denn Lesen funktioniert dann am besten, wenn wir uns eben nicht von Details ablenken lassen.« (S. 34 f.)
Im vierten Kapitel »Schriftqualität« geht es darum, »Wie Schrift gestaltet und ausgewählt wird«, wie man Schriften unterscheidet und klassifiziert und wie man sie für die unterschiedlichen Arten des Lesens auswählt – »Wer (Zielgruppe) liest was (Inhalt), warum (Motivation), wie (Umstände) und wo (Ort)?« (S. 49). »Satzqualität« thematisiert »Wie Schrift sorgfältig gesetzt wird« und somit sind die Mikrotypografie und ihre Elemente, wie beispielsweise Buchstaben- und Wortabstand, Zeilenlänge und -abstand sowie Striche, Punkte und Sonderzeichen, Inhalt dieses Kapitels. Im letzten Kapitel mit dem Titel »Gestaltung« wird erklärt, »wie Weißraum strukturiert wird«. Dabei wird anhand von drei Fallbeispielen gezeigt, welche Elemente zur Makrotypografie gehören und wie man sie einsetzt.– Zu guter Letzt beinhaltet das Buch einen umfangreichen Anhang mit hilfreichen Merkhilfen und Shortcuts sowie Verweisen zu weiterführender Literatur.
Wie der Verleger Bertram Schmidt-Friderichs es im Vorwort beschreibt, ist dieses Buch ausgerichtet auf »werdende Profis« (S. 6). Es stellt dementsprechend eine kurzweilige Grundlage dar, die man gut am Stück lesen kann, wenn man sich für diese Thematik interessiert, sich bereits etwas Vorwissen angeeignet hat und tiefer in die Thematik eintauchen möchte. Die wichtigsten Themen werden mithilfe von Beispielen besprochen und durch erklärende Visualisierungen ergänzt. Zusätzlich wird darauf verwiesen, wo man weitere, tiefergreifende Informationen finden kann. Außerdem ist es ein gutes Nachschlagewerk für gezielte Suchen, die durch Querverweise im Buch unterstützt werden.
Der Bezug zur Praxis spielt eine große Rolle: Es werden Hinweise, Einstellungsmöglichkeiten und Shortcuts für die geläufigen Programme geteilt sowie praktische Merkhilfen in Form von Zusammenfassungen mit Seitenverweisen gegeben. Beim Lesen gibt die Struktur der einzelnen Seiten zusätzlich Sicherheit und einen festen Rahmen, und man weiß, wie welche Art von Informationen aussieht.
Nachdem der Lektüre des Buches betrachtet und liest man Typografie deutlich bewusster und erfährt die Bestätigung, dass lesen nicht nur lesen, sondern auch sehen bedeutet. »Alles was wir lesen, nehmen wir rational und emotional wahr. Wir kommunizieren Fakten und Emotionen gleichzeitig, jede visuelle Kommunikation ist dadurch zugleich auch eine Interpretation des Inhalts. Man kann nicht nicht kommunizieren laut Paul Watzlawick. Auch visuell nicht.« (S. 25)