2.4 Visuelle Rhetorik in Schulen und Hochschulen?
Henning Krauspe, Wilhelm-Wagenfeld-Schule Bremen
Dipl.-Des. Viktoria Schneider-Kirjuchina, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
In den Lehrplänen Deutschlands ist die Rhetorik im Unterschied zu vielen anderen Ländern nahezu verschwunden. Warum es sinnvoll ist, das gerade auch bezüglich der visuellen Rhetorik zu ändern, erläuterte Henning Krauspe. An der Bremer Wilhelm-Wagenfeld-Schule lehren Krauspe und seine Kollegen Gestaltung und greifen dabei ganz explizit auf rhetorische Produktionsmodelle zurück. Diese dienen den Schülern als Orientierung im an sich frei gehaltenen Gestaltungsprozess. Durch ein konzeptionelles Vorgehen entlang eines nach der Rhetoriktheorie aufgebauten Stufenmodells lernen die Schüler mit Komplexität umzugehen, der Kreativität freien Lauf zu lassen, dann aber auch eine begründete Auswahl zu treffen und entsprechende Stilmittel zu verwenden. Als »Actio« am Ende des Prozesses steht die Präsentation des Ergebnisses im Plenum.
Auch Viktoria Schneider-Kirjuchina plädierte nachdrücklich für eine sinnvolle Verknüpfung von Theorie und Praxis und begründete auch aus der Innensicht als Gestalterin, dass Kreative dem theoretischen Modellen gegenüber offen sein sollten. Die Rhetorik, so Schneider-Kirjuchina, sei sowohl für die Produktion in der Gestaltungspraxis nützlich als auch für die Reflexion und den Austausch – denn als wertvollen Nebeneffekt beinhalte sie ein theoretisches Basisvokabular, das den Diskurs unter Gestaltern erleichtere. Wesentlicher Inhalt von Schneider-Kirjuchinas Forschung ist es, Einblick in Kognitionsprozesse zu gewinnen, zu sehen, ob und wann Rhetorik eine besondere Reaktion des Gehirns auslöst. Tatsächlich, könne man, wenn man die Hirnströme von Probanden messe, feststellen, dass zum Beispiel ein sprachlicher Fauxpas oder ein Stilbruch eine Wirkung auf das Gehirn habe. Angesichts ihrer Forschungen empfiehlt die Gestalterin drei Elemente in die Praxis zu übernehmen: Zum einen das Erlernen des Produktionsmodells auf Grundlage der Rhetorik, dann die Verwendung der Rhetorik als Grundlagentheorie für Gestalter, letztlich das systematische Einüben der »elocutionären Kompetenz« bereits im Schulalter.