3 Workshop und Diskussion
Die visuelle Rhetorik ist ein interdisziplinäres Feld. Theoretiker und Praktiker unterschiedlicher Disziplinen kommen zusammen, versuchen unterschiedliche Positionen zu formulieren und zu reflektieren und letztlich gemeinsame Nenner zu finden. Dass gerade der inter- und transdisziplinäre Austausch neue Sichtweisen eröffnet, wurde in den Diskussionen nach den Vorträgen und beim gemeinsamen Workshoptag deutlich. Denn letztlich geht es in der noch jungen Designforschung und Designwissenschaft auch darum, Praktiker für die Theorie zu begeistern und den Theoretikern einen Zugang zur Praxis zu ermöglichen. Diesbezüglich sind offenbar noch nicht alle Hürden und Bedenken abgebaut: So formulierten die Gestalter in der Runde auch ihre Befürchtungen, dass ihre Arbeit in ein theoretisches Schema gepresst werden könne, dessen Vokabular sie sich selbst unter Umständen gar nicht zu eigen machen wollen.
Im gemeinsamen Workshop wiederum konnten sich die unterschiedlichen Sichtweisen befruchten: Prof. Dr. Arne Scheuermann und Prof. Agnès Laube, Studiengangsleiterin des Berner Masterstudiengangs »Communication Design«, hatten zahlreiche Plakate ausgewählt und den Teilnehmern ein theoretisches Modell nach Stuart Medley mit auf den Weg gegeben, anhand dessen in zwei Gruppen über die Plakate diskutiert wurde. Hierbei wurde deutlich, dass die Begriffe der Rhetorik nicht von allen Teilnehmer in gleichem Maße genutzt werden, um über das Visuelle zu sprechen.
Tagungsleiter Arne Scheuermann empfahl in seiner Bilanz des »ersten Berner Arbeitstreffens zur visuellen Rhetorik«, die Begriffe des rhetorischen Prozesses auf den Gestaltungsprozess flexibel zu übertragen: »Inventio und elocutio sind nicht in einer strengen Reihenfolge zu denken, es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Gestaltungsqualitäten.« Die Rhetorik als lern- und lehrbare Theorie eigne sich gerade für unerfahrene Gestalter zu Beginn ihrer Karriere als Stütze, Argumentationsbasis und letztlich auch als Hilfestellung in Gestaltungskrisen.
Weitere interdisziplinäre Treffen zur visuellen Rhetorik sollen folgen.