Essay
Wissenschaft anders erzählt
Das »Science Notes Magazin« geht neue Wege
Die Diagnose steht längst fest: Krise. Die Zeitungen, ja der ganze Journalismus ist in der Krise und der Qualitätsjournalismus insbesondere – und unweigerlich sind somit auch die Journalisten in der Krise. Gerade auch der Wissenschaftsjournalismus hat zu kämpfen, werden doch vor allem auf lokaler Ebene immer weniger echte Wissenschaftsredaktionen unterhalten und Wissenschaftsjournalisten beschäftigt. An dieser Stelle sollen die verschiedenen Ursachen und Auswirkungen dieser Krise nicht noch einmal beschrieben werden. Auch soll die Diagnose keinesfalls angezweifelt werden. Vielmehr soll ein möglicher Weg für den Wissenschaftsjournalismus vorgestellt werden, den eine kleine Redaktion aus Tübingen nun seit gut sechs Jahren geht; ein Weg, der seine ganz eigenen Herausforderungen hat, der aber gangbar ist und voranführt: den stiftungsfinanzierten Wissenschaftsjournalismus.
Im Februar 2018 ist das erste »Science Notes Magazin« erschienen. In diesem Magazin will die Redaktion Geschichten aus der und über die Wissenschaft erzählen, inhaltlich akkurat und qualitativ hochwertig in Text und Gestaltung. Wichtig ist den Herausgebern, nicht nur Ergebnisse zu präsentieren, sondern auch die Prozesse und Charaktere zu beschreiben, die dahinterstecken. Es sollen nicht einfach die Antworten übernommen werden, die die Wissenschaft anbietet, sondern das Magazin will Fragen an die Wissenschaft stellen, die sich aus der Gesellschaft und dem Zeitgeist heraus entwickeln. Seit der im September 2018 erschienenen zweiten Ausgabe trägt das Heft daher auch den Untertitel »Magazin für Wissen und Gesellschaft«. Das Magazin richtet sich an Menschen, die Geschichten und Reportagen mögen und die sich grundsätzlich für Wissenschaft interessieren, sich aber nicht die typischen Wissenschafts-Magazine kaufen würden: jene Hefte also, deren Titelseiten meist Weltraumfotos oder Aufnahmen aus dem Elektronenmikroskop zeigen. Auch will das »Science Notes Magazin« keinen Servicejournalismus bieten mit Gesundheitsthemen oder Life-Hacks. Im Grunde will das Magazin einfach neugierig machen – auf den Prozess, das Abenteuer Wissenschaft.
Diesen Grundgedanken hat das Magazin übernommen von der gleichnamigen Veranstaltung, die seit 2013 in zahlreichen deutschen Städten stattfindet: Bei den »Science Notes« stellen fünf renommierte Wissenschaftler ihre Arbeit in je 15 Minuten vor, in angesagten Clubs und entspannter Atmosphäre, zu kalten Getränken und elektronischer Musik. Die Wissenschaft, so die Idee, kommt heraus aus den Labors und Bibliotheken hin zu den Menschen. Und das funktioniert: Egal ob in Heidelberg, Hamburg, Berlin, Leipzig oder Tübingen, fast alle Science Notes sind proppenvoll, oft müssen Besucher vor den Türen warten, weil es keinen Platz mehr gibt. Das Publikum ist bunt gemischt; die Nachfrage nach spannend aufbereiteten Informationen aus der Wissenschaft ist also quer durch die Gesellschaft deutlich vorhanden.
Die Veranstaltung entstand als Projekt am Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen und wird von Anfang an unterstützt von der Klaus Tschira Stiftung. »Die Klaus Tschira Stiftung fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik – mit den Schwerpunkten Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation«, heißt es in deren Leitbild. Und weiter: »Um möglichst vielen Bürger:innen Anteil an Wissenschaft sowie Zugang zu qualifizierten, vertrauenswürdigen Informationen zu ermöglichen, fördern wir Wissenschaftskommunikation inkl. Wissenschaftsjournalismus.« Nachdem die Veranstaltung auf reges Interesse gestoßen war, kam die Idee auf, das Konzept auf andere Kanäle zu übertragen – etwa in Form eines Magazins. Klar war, dass darin nicht die Forscher und Wissenschaftlerinnen selbst über ihre Arbeit berichten sollten, sondern dass die Publikation einen unabhängigen, objektiven Wissenschaftsjournalismus betreiben will, der sich auch kritisch positionieren darf.