1. Sta­ti­on: Autor und Werk

Zu Tho­mas Manns Leben und Werk lässt sich wahr­lich viel ­sagen – und fil­men. Hein­rich ­Bre­lo­er hat über die Fami­lie Mann, über Tho­mas Mann, sei­nen ­älte­ren Bru­der Hein­rich, Tho­mas und Kat­ja Manns Kin­der ­Eri­ka, Klaus, Golo, Eli­sa­beth und Micha­el ein mehr­tei­li­ges, viel­beachtetes Doku­men­tar­spiel ­gedreht; es wur­de mehr­fach von ARD-­Fern­seh­­an­stal­ten aus­ge­strahlt und heißt: »Die Manns – ein Jahrhundertroman.«[2] Tat­säch­lich hat das Schick­sal die­ser Fami­lie roman­haf­te ­Züge … Um indes ein paar Daten aus ­Tho­mas Manns Leben her­un­ter­zurat­tern: Gebo­ren wird Tho­mas Mann am 6. Juni 1875 als zwei­ter Sohn ­eines Sena­tors in Lübeck. Er wächst in gut­bür­ger­li­chen Ver­hält­nis­sen auf. Nach dem Gym­na­si­um zieht er nach Mün­chen und ­arbei­tet 1894 bei einer Feu­er­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft. Er hat­te schon als Schü­ler den »Früh­lings­sturm«, eine »Monats­schrift für Kunst, ­Lite­ra­tur und Phi­lo­so­phie« mit­her­aus­ge­ge­ben. Nun, in sei­nem ­ers­ten Jahr in Mün­chen schreibt er eine ers­te Novel­le. Er beginnt ein Stu­di­um an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Mün­chen und ver­fasst Bei­trä­ge für eine Zeit­schrift, die sein Bru­der Hein­rich Mann, eben­falls Schrift­stel­ler, her­aus­gibt. Wäh­rend zwei­er Jah­re in Rom nimmt Tho­mas Mann die Arbeit an den »Bud­den­brooks« auf, einem auto­bio­gra­fisch gefärb­ten Roman über eine Lübe­cker Kauf­manns­fa­mi­lie. Für die­sen Roman wird er spä­ter, 1929, den Lite­ra­tur­no­bel­preis erhalten.

1898 und 1899 arbei­tet er als Redak­teur bei der Sati­re­zeit­schrift »Sim­pli­cis­si­mus«. Es folgt ein Jahr Mili­tär­dienst. 1901 erschei­nen dann die »Bud­den­brooks«, und damit beginnt sei­ne stei­le Kar­rie­re. Sein Leben führt er, der zuneh­mend wohl­ha­bend wird, als Groß­bür­ger. Die Demo­kra­tie ent­spricht zu die­ser Zeit nicht sei­nem eli­tä­ren, oft reak­tio­nä­ren Den­ken. 1933 emi­griert er zuerst nach Frank­reich, dann in die Schweiz, lebt in Küs­nacht bei Zürich. 1936 wird ihm die deut­sche Staats­bür­ger­schaft aberkannt, er wird tsche­chi­scher Staats­bür­ger. 1938 über­sie­delt er in die USA, wird Gast­pro­fes­sor in Prince­ton. Ab 1940 wohnt er in Kali­for­ni­en. Zwei Jah­re spä­ter wen­det er sich in 55 Radio­sen­dun­gen des deutsch­spra­chi­gen Pro­gramms der BBC an »Deut­sche Hörer!«. 1944 wird er ame­ri­ka­ni­scher Staats­bür­ger, 1952 kehrt er nach Euro­pa, in die Schweiz zurück, kauft spä­ter in Kilch­berg bei Zürich sein letz­tes Haus. Am 12. August 1955 stirbt er im Kan­ton­spi­tal in Zürich im Alter von 80 Jahren.

Zu sei­nen wich­ti­gen Wer­ken gehö­ren die Novel­len »Tonio Krö­ger« sowie »Tod in Vene­dig«, 1971 ver­filmt von Luch­i­no ­Vis­con­ti mit Gus­tav Mahlers Fünf­ter als Film­mu­sik. Wei­te­re wich­ti­ge Wer­ke sind das Frag­ment »Bekennt­nis­se des Hoch­stap­lers Felix Krull«, der Essay »Betrach­tun­gen eines Unpo­li­ti­schen« (1918), und so bedeu­ten­de Roma­ne wie »Joseph und sei­ne Brü­der«, »Dok­tor Faus­tus« und eben »Der Zau­ber­berg«, der 1924 erschien.

Will man Tho­mas Manns Bedeu­tung als Schrift­stel­ler erfas­sen, so ist inter­es­sant, sei­ne Ambi­ti­on zu erken­nen. Die Grö­ße eines Goe­thes zu errei­chen, sozu­sa­gen der Goe­the des 20. Jahr­hun­derts zu wer­den oder doch zumin­dest ein gro­ßer Dich­ter der Deut­schen, das dürf­te in etwa die Liga ge­wesen sein, die er ange­peilt hat. Ohne Zwei­fel ist er einer der nam­haf­tes­ten Schrift­stel­ler deut­scher Spra­che gewor­den. Wie erwähnt, 1929 erhielt er den Nobel­preis für Lite­ra­tur.[3]

Hat Tho­mas Mann so viel für die Lite­ra­tur sei­ner Zeit geleis­tet wie Goe­the für die sei­ne? War Tho­mas Mann ein lite­ra­ri­scher Neue­rer wie sein Vor­bild? Da habe ich Zwei­fel. Ein Neue­rer des Romans war bei­spiels­wei­se Manns iri­scher Zeit­ge­nos­se James Joy­ce (1882—1941) … Aber man muss ja nicht ein lite­ra­ri­scher Neue­rer sein, um lesens­wer­te Bücher vor­zu­le­gen. Gehen wir also gelas­sen über die­se Fra­ge hin­weg und steu­ern die nächs­te Sta­ti­on an: